Nadia Durrani und Brian Fagan. Was im Bett geschah. Eine horizontale Geschichte der Menschheit.
Aus dem Englischen Übersetzt von Holger Hanowell. Reclam jun. Verlag GmbH Stuttgart, 2022, ISBN 978-3-15-011337-8, 269 S.
„Die zeitliche Einordnung, wann wir Menschen zum ersten Mal Betten benutzten, hängt davon ab, wie man ein Bett definiert“ (S. 18). Entsprechend dieses grundlegenden Ausgangspunktes der Recherche werden im Buch in Wort und Bild zunächst historische Schlafstätten oder -möglichkeiten vorgestellt. Diese werden im Kontext ihrer Zeit weiter erläutert, sodass die Leserschaft nicht nur etwas über die jeweilige gesellschaftliche Bedeutung der Ruhe-, Protz- oder Arbeitsstätte (denn auch dafür wurden Betten vor allem in Königshäusern genutzt), sondern auch über mit dem Thema Schlafen (oder auch nicht) stehende Zusammenhänge. So wurde in London im 19. Jh. die erste Berufspolizei gegründet, um die Zeit des Schlafens sicherer zu machen und besser zu schützen.
Überhaupt werden die Tätigkeiten im Bett ausführlich dargestellt – Regieren, Sex, Gebären, Erholen, Sterben. Gerade bei letzterem gab es zahlreiche Zeremonien, vor allem für Könige. Gleiches gilt für das Gebären. Bei beiden Tätigkeiten waren die zahlreichen Gäste eher lästig denn hilfreich. Das galt (und gilt) auch für andere Mitbewohner von Schlafstätten, deren Austreibung wird ebenfalls beschrieben.
In einigen Haushalten gab es mehrere Betten (Prunk- und Nutzbetten), über deren jeweilige Vererbung Amüsantes zu lesen ist. Insofern gibt das Buch auch Auskunft dazu, wann und warum das Bett zur Privatsache/Privatsphäre geworden ist (S. 199 ff.). Genau weiß man dies nicht, denn das Thema Privatsphäre tauchte in allen häuslichen Bereichen überhaupt erst Ende des 18. Jh. auf. „1875 erschien im Magazin Architect ein maßgebender Essay, in dem es hieß, Schlafzimmer seien allein dem Schlafen vorbehalten. Jede andere Nutzung sei so ungesund wie unmoralisch … nicht nur das gemeinschaftliche geteilte Schlaflager wurde als unmoralisch betrachtet – selbst das kleinste städtische Haus sollte zwei Schlafzimmer aufweisen, eines für die Eltern, das andere für die Kinder …“ (S. 208).
Abschließend wird auf sich verändernde Räume und Schlafstätten eingegangen. Die Zukunft läge bei smart furniture, diese kommen nicht nur von der Decke (um tagsüber Platz zu sparen), sondern enthalten auch alle Funktionen, um steuernd Haushalt und Arbeit zu erledigen. Diese Kapselbetten steuern also nicht nur Temperatur und Beleuchtung, sondern blenden anderweitige störende Geräusche aus, enthalten dazu aber Massagesysteme u. a. m.
Angesichts dieser Aussichten geht die Rezensentin jetzt in ihr Bett aus dem 20. Jh. und nimmt ein ebenso veraltetes, auf Papier gedrucktes, Buch mit …