Erarbeitung einer Wanderausstellung „Verfolgte – vertriebene – vergessene Frauen“
Geplante Laufzeit: 01.07.2018 bis 30.06.2020
Vor 80 Jahren brannten im November 1938 Synagogen und andere jüdische Einrichtungen. Zuvor gab es seit April 1933 den Boykott gegen jüdische Geschäfte, Arztpraxen und Anwaltskanzleien. Im Mai 1933 gab es im Rahmen der Kampagne „Wider den undeutschen Geist“ Bücherverbrennungen mit ihrem Höhepunkt am 10. Mai, bei denen die gesamte Literatur, die nicht in das Weltbild der Nationalsozialisten passte, verbrannt werden sollte.
Seit Jahren gibt es Kerzen auf Stolpersteinen und vor ehemaligen Synagogen, Gespräche von Zeitzeugen und Reden, die zum Erinnern aufrufen. Das ist inzwischen Routine an Tagen wie dem 9. November, dem Jahrestag der Pogromnacht, oder am 27. Januar, dem Internationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus.
Diese ritualisierte Gedenkkultur ist an ihre Grenzen gekommen und muss - gerade weil bspw. derzeit AfD-Politiker einen Schlussstrich unter die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus fordern - von einer aktiven Auseinandersetzung mit der Geschichte von Nationalsozialismus und Holocaust in Deutschland abgelöst werden. Besonders alarmierend ist, dass nach einer im September 2017 veröffentlichten Umfrage der Körber-Stiftung nur 59 Prozent der Schüler ab 14 Jahren wussten, dass Auschwitz ein Konzentrations- und Vernichtungslager war.
Seit einigen Jahren wird auch die spezifische Lokalgeschichte genauer untersucht und in das Gedenken einbezogen: bspw. werden sämtliche Namen der jeweils vor Ort ermordeten, deportierten, vertriebenen und geschädigten jüdischen Personen verlesen und Überlebende oder Augenzeugen erzählen ihre persönliche Geschichte.
Eine Personengruppe ist bisher bei der Aufarbeitung zu kurz gekommen – die Frauen. Sie waren Jüdinnen, Antifaschistinnen oder kamen aus dem „feindlichen Ausland“ - und sie haben Bücher geschrieben oder Kunstwerke geschaffen. Weil diese Frauen und ihre Werke den NS-Machthabern gefährlich erschienen, wurden viele von ihnen verfemt und durch Berufsverbote in ihrer Arbeit behindert. Schließlich wurden auch ihre Bücher aus den Bibliotheken, Buchhandlungen und Antiquariaten beschlagnahmt und am 10. Mai 1933 öffentlich verbrannt. Ebenso wurden ihre Werke aus Galerien und Kunstsammlungen entfernt, um ihre Namen aus dem Gedächtnis der Menschen zu löschen. Sie wurden verfolgt, ins Exil vertrieben und teilweise sogar umgebracht… Erst seit 1967 begann Deutschland endlich, sich auch an seine verfolgten, vertriebenen und ermordeten Autorinnen und Künstlerinnen zu erinnern.
Diese bundesweit erste zu erarbeitende Wanderausstellung soll möglichst viele Frauen dem Vergessen entreißen: Mit jungen Menschen gehen wir in Archiven, Museen und Gedenkstätten auf Spurensuche. Bei thematischen Rundgängen (Berlin und Weimar), Workshops, Vorträgen und durch Medienarbeit erforschen die Jugendlichen die NS-Zeit und dabei insbesondere das Leben und das Schicksal betroffener Frauen, setzen sich zugleich aber auch mit den Mechanismen von Ausgrenzung, Faschismus und Verfolgung auseinander. Das erworbene Wissen und die gewonnenen (Er-) Kenntnisse werden sie befähigen, sich aktiv für Aufklärung, Toleranz, Demokratie, Freiheit, Gleichberechtigung und gegen Ausgrenzung, Antisemitismus, Diskriminierung in jeder Form sowie Unmenschlichkeit einzusetzen. Es wird für sie selbstverständlich sein, unterschiedliche kulturelle, sexuelle und religiöse Identitäten zu respektieren und zu akzeptieren. Durch die Vermittlung von Wissen, das Ermöglichen von Partizipation, das Erwerben und Stärken von Kompetenzen sowie durch das Leisten von Anerkennung fördern wir, dass junge Menschen zukünftig Demokratie aktiv mitgestalten, indem wir ihr zivilgesellschaftliches Engagement stärken.
In Berlin machen wir auf den Spuren von bspw. Else Lasker-Schüler oder Mascha Kaléko Geschichte erlebbar. In Weimar erfahren wir etwas über Bauhausfrauen, wie Lucia Moholy-Nagy, Friedl Dicker, Otti Berger, Grete Stern oder Marguerite Friedländer. Wir erforschen das Schicksal von Literatinnen wie Milena Jesenská, Maria Leitner, Lili Grün, Gertrud Kolmar, Elise Richter, Rose Ausländer, Selma Meerbaum oder Hedwig Dohm.
Ergebnisse:
Nach 12 Monaten wird eine erste Radiosendung über die Arbeit am Projekt gestaltet und ein Flyer mit den Zwischenergebnissen, eine Power-Point-Präsentation und ein Katalog „V³-Frauen“ erarbeitet. Diese Materialien sind zukünftig im Unterricht einsetzbar.
Nach dem Abschluss des zweiten Projektjahres wird die erarbeitete Wanderausstellung nach ihrer Präsentation an einem prominenten Ort in Halle über kommunale Gleichstellungsbeauftragte, die Landeszentralen für politische Bildung, den Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e.V. (LFR) und andere Multiplikator*innen in Städten, Schulen, Universitäten und anderen geeigneten Orten in Sachsen-Anhalt – aber auch bundesweit – gezeigt. Die Koordinierung des Verleihs wird durch den Dornrosa e.V. Halle erfolgen.
Kontakt:
Projektleiterin: Elke Prinz
Telefon: 0345/2024331
E-Mail: prinz-elke-frauenzentrum@web.de